Die Alpen üben seit jeher eine unvergleichliche Faszination auf Menschen aus. Während früher vor allem erfahrene Bergsteiger die Gipfel erklommen, zieht es heute immer mehr Neulinge und Gelegenheitswanderer in die Berge – der Wandertourismus boomt. Dabei kommen unterschiedlichste Erfahrungen und Erwartungen zusammen – und nicht jeder Wanderweg ist für jeden geeignet.
Einstufung von Wegekategorien
Eine Wanderung beziehungsweise ein Wanderweg lässt sich ganz grob in leicht, mittel und schwierig einstufen – soviel zur Theorie. Diese Einteilung soll Wanderern die Möglichkeit bieten, sich selbst einzuschätzen und sich FÜR oder GEGEN eine Tour zu entscheiden.
Es gibt unterschiedliche Systeme, um Wege und ihre Schwierigkeit einzustufen.
Das Wegehandbuch des Alpenvereins
Der Alpenverein verwendet ein einfaches Farbsystem, um die Schwierigkeit von Wanderwegen zu kennzeichnen. Dieses System berücksichtigt vor allem die technischen Anforderungen und Gefahren des Geländes:
- Blauer Punkt: Einfachere Wege, die durchaus schmal und steil sein können. Absturzgefahr ist sehr gering.
- Roter Punkt: Schmale, oft steil angelegte Wege mit möglichen absturzgefährlichen Passagen und gelegentlich kurzen versicherten Stellen.
- Schwarzer Punkt: Sehr anspruchsvolle Wege, oft absturzgefährlich mit häufiger Sicherung und notwendigem Einsatz der Hände bei Kletterstellen.
Was die Farben nicht verraten: Die Klassifizierung berücksichtigt weder die Distanz noch die Höhenmeter. Ein kurzer, steiler Anstieg kann als schwarz eingestuft sein, während eine lange als blau gekennzeichnete Route auf flachem Gelände möglicherweise wegen der Distanz dennoch viel Ausdauer erfordert. Zudem muss eine rote Route keine absturzgefährdete Passage aufweisen.
In einigen Tourismusregionen werden Wanderwege sogar bewusst schwerer eingestuft, um unerfahrene Wanderer abzuschrecken und mögliche Gefahren zu minimieren. Gleichzeitig fehlt vielen Touristen die Aufklärung über die Bedeutung der Farben. Häufig wird angenommen, dass die Farben auf die Markierungen der Route (z. B. schwarzer Punkt auf dem Wegweiser) hinweisen, was zu Missverständnissen führen kann.
Die SAC-Wanderskala
Während die Alpenvereins-Klassifikation durch Farben (blauer, roter und schwarzer Punkt) eine grundlegende Orientierung bietet, ermöglicht die SAC-Wanderskala ↗ (T1 bis T6) eine detailliertere Einordnung
- T1 – Wandern: Gut ausgebaute Wege kaum Absturzgefahr.
- T2 – Bergwandern: Bergwanderwege mit möglicher Absturzgefahr.
- T3 – Anspruchsvolles Bergwandern: Abgelegene Wege mit absturzgefährlichen Stellen.
- T4 – Alpinwandern: Weglose Passagen mit exponierten Stellen.
- T5 – Anspruchsvolles Alpinwandern: Schwieriges wegloses Gelände mit Kletterstellen.
- T6 – Schwieriges Alpinwandern: Äußerst anspruchsvolles Gelände mit Kletterpassagen.
Diese Skala vom Schweizer Alpen-Club ermöglicht eine detaillierte Einordnung basierend auf Gelände, Kletterstellen und notwendigen Fähigkeiten. Aber auch hier sei erwähnt, dass selbst die leichteste Kategorie nicht zwangsläufig absturzgefährdete Passagen haben muss.
Das macht einen Wanderweg anspruchsvoller
Die oben genannten Bewertungskriterien sind eine gute Basis, um die Schwierigkeit von Wanderwegen einzuschätzen. Dennoch sollte man ihr nicht blind vertrauen. Zudem gibt es weitere entscheidende Faktoren, die oft nicht berücksichtigt werden:
- Wetterbedingungen: Regen, Schnee oder ein plötzlicher Wetterumschwung können einen harmlosen Pfad in eine rutschige oder gefährliche Strecke verwandeln. Besonders in den Bergen ändern sich die Bedingungen oft rasend schnell. Eine klare Wetterprognose und flexible Tourenplanung sind daher essenziell.
- Persönliche Voraussetzungen: Die körperliche Fitness, mentale Stärke und Erfahrung spielen eine wesentliche Rolle. Selbst ein einfacher Weg kann zur Herausforderung werden, wenn man erschöpft oder unkonzentriert ist. Höhenangst oder Unsicherheit in unebenem Gelände können ebenfalls erschwerend wirken.
- Falsche Ausrüstung: Ohne die richtige Ausrüstung können selbst ideale Bedingungen zur Gefahr werden. Gute Wanderschuhe mit Profil, wetterfeste Kleidung, eine Stirnlampe und ausreichend Trinkwasser sind unverzichtbar. Auch die Mitnahme einer Wanderkarte oder eines GPS-Geräts kann im Notfall lebensrettend sein.
Diese Faktoren sind es auch, die zu den zunehmenden Einsätzen der Bergrettung führen. Menschen, die in ein Gewitter raten, im Dunklen die Orientierung verlieren, in Sneakers wandern oder keine Kraft mehr für den Abstieg haben. Solche Nachrichten kann man fast täglich in der Zeitung lesen.
Zum Abschluss noch ein Tipp: Wenn du ein Gefühl für die Schwierigkeitsgrade entwickeln willst, orientiere dich an einem Autor oder einer Autorin für Wanderführer-Bücher und bekomme ein besseres Verständnis für die Bewertung aus Sicht der Person. So findest du schneller heraus, was derjenige oder diejenige unter leicht oder schwer versteht. Das macht die Tourenplanung angenehmer!